19. und 20.10.2016
Es wird kalt! 30 Grad empfinden wir nach den vergangenen Hitzewochen als angenehm, doch als das Thermometer am Morgen im Onkel nur noch knapp über 20 Grad anzeigt und ein kühler Wind weht, fangen wir an zu frösteln! Ja, wir haben uns inzwischen an die vorherrschende Hitze angepasst, aber ehrlich gesagt, so ist es uns deutlich lieber!

Nach unserer Nacht im Wüstencamp wollen wir am gestrigen Morgen vor der Weiterfahrt noch Schule machen. Aber das erweist sich nach kürzester Zeit als unmöglich!!!! Warum? Fliegen über Fliegen … wir lassen nämlich unbedachterweise Tür und Fenster offenstehen und da meinen die Fliegen, unser Onkel sei ihr neues Zuhause. Am liebsten haben sie menschliche Höhlen, wie zum Beispiel Nase, Ohren und Mund. Nur wir mögen das gar nicht. Vor allem nicht, wenn man Schule machen muss und sich konzentrieren sollte. Nach einer halben Stunde halten wir es nicht mehr aus: Nichts wie weg hier! Während der Fahrt scheuchen wir die Plagegeister hinaus.

We are back on the road. Richtung: Nord. Die Straße wird abschnittsweise ziemlich schlecht – und Jochen regt sich furchtbar auf. Seine (unsere) Toleranz für schlechte Straßen ist aufgebraucht!
Kurz vor Fayum biegen wir ab in Richtung Westen. Wir wollen zum Wadi El Hitan, dort soll die Wüste wunderschön sein, außerdem gibt es laut Reiseführer 40 Millionen alte versteinerte Walskelette zu bewundern.
Die Seitenstraße ist neu und eben. So wünschen wir uns das! Die Wüste um uns herum verwandelt sich in eine reine Sandwüste, teilweise flach und dann gibt es auch wieder Dünen und Sandfelsen. Schließlich sehen wir Wasser, es handelt sich dabei um einen weit entfernten Ablauf des Nils – das wirkt schon sehr seltsam hier in der Wüste …. Und das schönste: Es ist einsam hier! Ca. 70km nach dem Abzweig von der Hauptstraße beginnt der 34km lange Track zum Wadi El Hitan. Dieser führt uns durch die Sandwüste bis zu dem Tal, in dem die Walknochen liegen. Was uns erwartet? Wir wissen es nicht, sind gespannt. Auf jeden Fall ist die Fahrt dorthin schon einmal wunderschön! Gegen die untergehende Sonne schillert der Sand manchmal fast metallen und man meint, der Onkel würde durch eine riesige flache Wasserlache fahren.
Nach ein paar ebenen Passagen tauchen zu unserer Rechten nun vom Wind abgetragene und zerklüftete Sandfelsen auf, die teilweise von Dünen zugedeckt sind. Dann erreichen wir das Wadi El Hitan. Es ist ein Unesco Welterbe und von einem sehr klugen Architekten wurden der Landschaft angepasste Lehmhäuser errichtet, eins davon beherbergt das kleine Museum, ein anderes ein Restaurant, weitere Toiletten und mehr. Für 80 Pfund pro Person dürfen wir campen, das Museum besuchen und auch die Wanderung durch die Walknochen machen. Das verschieben wir jedoch auf den nächsten Tag, denn das verbleibende Sonnenlicht taucht die Felsen um uns herum in traumhaftes Abendlicht. Wir wandeln noch etwas wie verzaubert herum und freuen uns, diesen wunderschönen Ort entdeckt zu haben.

Die Natur – wie haben wir sie vermisst! Erst jetzt wird uns so richtig klar, dass wir so etwas schon lange nicht mehr gehabt haben: einfach Natur, keine neugierigen Menschen, kein Abzocken, kein Führer – einfach nur wir. Nach Frühstück und kurzem Schulunterricht schnappen wir unsere Wanderstiefel und laufen los. Es gibt einen markierten Weg an 18 Walskeletten vorbei. Teilweise ist wirklich noch viel von den ehemaligen Meeressäugern zu erkennen, und wir lernen, dass hier vor 40 Millionen Jahren das Land noch vom „Mittelmeer“ überflutet war. Als sich das Land irgendwann hob, wurden die hier lebenden Tiere eingeschlossen und starben. Das für die Evolution Hochinteressante ist, dass die hier befindlichen Walskelette Fußknochen aufweisen! Wie wir nachgelesen haben, beweist das, dass die Wale ursprünglich Landtiere waren und erst später ins „Wasser“ gingen. Auch das kleine Museum, das wir uns nach unserer Wanderung noch anschauen, ist sehr interessant aufbereitet. Übereinstimmend stellen wir fest, dass das Wadim El Hitan einer unserer Highlights von Ägypten darstellt – und das vollkommen überraschend!

Nach einem kurzen Mittagssnack machen wir uns auf den Weg nach Kairo. Plötzlich wird uns bewusst: Wir stehen kurz vor dem Ziel „Cape to Cairo“. Nicht, dass das unser von Anfang gesetztes Ziel gewesen wäre, aber nun haben wir es fast geschafft!!
Und das heißt auch, dass sich unsere Afrikareise langsam aber sicher ihrem Ende nähert. Nur noch eine gute Woche, dann werden wir diesen Kontinent verlassen! Mit einem weinenden und einem lachenden Auge: weinend, weil es dann (fast) vorbei ist und wir eine tolle Familienzeit hatten/haben. Lachend, weil wir uns auf Zuhause freuen, auf Europa, auf Deutschland, auf unsere Familie und Freunde.

Wir sind heute mit Maryam verabredet. Wieder ein Kontakt, den wir von anderen Reisenden vermittelt bekommen haben. Maryam hat hier südlich von Kairo eine Farm, außerdem ist sie Tierärztin und hat eine Rettungsstation für Tiere. Anscheinend kann man hier auch campen. Wieder einmal wissen wir nicht, wo wir an diesem Abend landen werden, als wir Maryam an einer Tankstelle neben den großen Gizeh-Pyramiden wie ausgemacht treffen. Es ist bereits dunkel, als wir ihrem kleinen weißen Auto durch den dichten Feierabendverkehr Kairos folgen. Immer wieder drohen wir es aus den Augen zu verlieren. Schließlich lässt der Verkehr nach, wir biegen auf eine staubige Schotterstraße ab, links ein stinkender Kanal voller Müll und Abfall. Oh je, wo werden wir wohl landen? Jochen hat so ein Traumbild von einer Wiese, auf der wir parken, unter einem Baum. Dazu ein Duschraum mit viel Wasser und eine Waschmaschine …
Nach weiteren 20 Minuten durch kleinste staubige und vermüllte Nebenstraßen biegen wir durch ein Tor. Kurz ein Kabel anheben, dann passen wir durch. Es begrüßen uns unzählige, teilweise riesige Hunde mit viel Gekläff. Es gibt Wasserbüffel, Ziegen, Pferde, Esel, … und tatsächlich weist uns Maryam in einen hinteren Teil ihres Gartens ein – und es gibt Wiese, Bäume, eine Dusche (aus der vieeel Wasser kommt) und in dem Bad steht sogar eine Waschmaschine!!!! Wer hätte das gedacht …. Die Kinder sind auch begeistert!