… dann ist man irgendwo im Nirgendwo an der Wildcoast. Eigentlich wollten wir nach Coffee Bay, aber das Navi schickt uns einen Abzweig zu früh von der N2 herunter. Und zwei nette Jungs überzeugen uns dann davon, dass das auch der richtige Abzweig ist: „Yes, yes, Coffee Bay. Go there!“. Ach, Gravelroad, wir haben dich gar nicht so sehr vermisst! Und was für eine! Aber der Reiseführer hat ja gewarnt: „Roads could be in very bad condition.“ Speed 20 km/h. Etwa 80 km to go. Da es ja eigentlich der falsche Abzweig ist, entschließen wir uns kurzerhand, direkt nach Bulungula zu fahren, ein abgeschiedener Ort direkt an der Küste, wo es einen Backpacker mit Camping geben soll.


Wir fahren durch das ehemalige Homeland der Xhosa. Hier ist Afrika. Das richtige. Überall verstreut auf den umliegenden grünen Hügeln stehen bunt gefärbte Rundhütten, alles sieht sehr farbig aus. Darüber ein strahlend blauer Himmel, klare Luft. Wir fahren seit heute Morgen elf Uhr durchgehend, 300 km liegen hinter uns. Jetzt ist es fast 17 Uhr, wir haben den ersten Teil Gravel hinter uns, doch die letzten 40 km werden nochmals richtig anstrengend. Zunächst einmal lassen wir die Luft aus unseren Reifen. Uns ist klar, dass wir es bei Helligkeit nicht mehr bis Bulungula schaffen werden. Und wir wurden vor kaum mehr gewarnt, als durch dieses Gebiet bei Nacht zu fahren: „Very dangerous!“ (und damit ist alles gemeint, die Straßenbedingungen, die herumstreunenden Tiere und die Menschen). Aber was bleibt uns anderes übrig? Entweder wir schaffen es oder wir müssen hier irgendwo übernachten. Wir bleiben gelassen.
Was für ein Land! Überall sind hier Menschen, sie laufen, sie stehen oder liegen am Straßenrand. Man kann nicht einmal irgendwo in Ruhe anhalten, um kurz die Notdurft zu entrichten, schon steht einer mit einem freundlichen Lächeln da: „Can I help you?“. Außerdem glaube ich, haben die wenigsten schon einmal so einen Truck wie unseren Onkel Deutz gesehen. Den meisten bleibt wortwörtlich der Mund offenstehen, wenn wir vorbeifahren. Auch die Hütten sind nicht wie bei uns in einem Dorf beieinander, sondern stehen über hunderte von Kilometern über das Land verteilt.

Also, es wird dunkel. Wir fahren weiter. An einem Abzweig sind wir uns unsicher. Schilder gibt es schon lang keine mehr. Doch, das Navi sagt hierlang! Schon knackt es. Wir haben die tiefhängenden Zweige eines Baumes bei der Dunkelheit übersehen. Dunkel meint hier richtig dunkel, d.h. keine Straßenlaternen, kein Licht aus den Hütten, keine Reflektoren, nur das (zugegeben ziemlich) schwache Scheinwerferlicht von Onkel Deutz. Mist! Auch das noch! Hoffentlich sind unsere Dachzelte nicht kaputt. Wir begutachten den Schaden mit der Taschenlampe und dann fährt Jochen langsam rückwärts. Es geht. Scheint nichts passiert zu sein. Aber wo ist nun der richtige Weg? Unter den Bäumen geht es jedenfalls nicht durch. Wie aus dem Nichts tauchen drei Frauen auf. „Do you speak English?“, frage ich. „Bulungula?“ „Yes, turn. That way!“ Also gut, wir drehen um. Haben wir einen Abzweig verpasst? Keine Ahnung. Uns kommt noch ein Auto entgegen. Wir halten es an, indem wir ihm auf der falschen Straßenseite vor die Nase fahren. Der Fahrer regt sich furchtbar auf: „Wrong side, wrong side!!“ Ich bekomme es fast ein bisschen mit der Angst zu tun. „Bulungula?“, frage ich vorsichtig. Er beruhigt sich. „Yes, that way. At stop sign turn left“. Und dann sehen wir es schon. Ist das überhaupt noch ein Weg? Und wo führt er hin? Das Navi meint „direction northeast“. Na gut. Irgendwo wird man rauskommen. Etwa eine halbe Stunde, unzählige Schlaglöcher und eine megasteile Abfahrt später sehen wir dann endlich ein Schild: „Parking Bulungula.“ Wow! Aber es sieht hier immer noch nach einfach gar nichts aus! Wo ist denn nun der Campingplatz bzw. der Backpacker? Aus dem Dunkel taucht ein Parkwächter auf. „Park here, I will walk you to the place.“ „But can´t we drive there?” “Ah, yes. There is a gate, go through there.” Wir drehen um – wo war denn da ein Tor? Wir finden keines, ich steige aus, suche mit der Taschenlampe herum. Wieder tauchen ganz plötzlich Menschen auf. „Bulungula?“ „Yes, drive down here!“. Nochmals rumpeln wir ca. 500m auf übelster Piste hinab ins Dunkle. Hier soll etwas sein? Wir können es nicht glauben. Und doch, tatsächlich. Ein paar Rundhütten tauchen vor uns auf. Wir sind da, müde, erschöpft und sehr, sehr hungrig.

Nicht gerechnet hatten wir allerdings mit der Reaktion des Managers von Bulungula. „Oooh man, such a big truck. Can I look at it? But I´m sorry, you can´t camp here. It´s not allowed. You must have a permit from East London.“

Wir kommen mit ihm überein, dass wir zumindest heute Nacht bleiben dürfen.