Donnerstag ist nochmals ein Feiertag, diesmal ein islamischer. Anscheinend hat die Regierung vor kurzem beschlossen, auch einige islamische Feiertage mitaufzunehmen – auch wenn hier nur ein kleiner Teil der Bevölkerung (20%) muslimisch ist, der überwiegende Rest ist christlich. Es findet also wieder kein Kindergarten statt. Stattdessen wollen wir einem der beiden Klassenzimmer einen neuen Bodenbelag verpassen. Dieser besteht aus getrocknetem Matsch, der alle zwei Wochen erneuert werden muss.

Nachdem wir eine Stunde Schule im Onkel Deutz gemacht haben, treffen wir uns um 9 Uhr am Kindergarten: wir – d.h. Esther, Hawa und einige Mütter, die heute Dienst haben. Die Mütter haben dunkle Erde von irgendwoher (woher habe ich nicht verstanden) geholt. Diese wird in einem Eimer mit Wasser vermischt und von der Ecke aus mit den bloßen Händen auf dem Boden aufgebracht. Das erfordert schon einige Übung! Silas, Juli und ich machen mit, aber wir sind viel langsamer als die Lehrerinnen bzw. Mütter, so dass wir immer mal wieder die Plätze tauschen müssen, um eine gleichmäßige Verteilung des Matsches zu erreichen. In der Zwischenzeit tauscht Jochen zerbrochene Fensterscheiben aus und Mio hilft den Schreinern, die seit zwei Tagen dabei sind, neue Stühle für die Kinder herzustellen.
Apropos Schreiner: Diese beiden jungen Männer sind offiziell mit dem Bau von 15 Kinderstühlen beauftragt. Bei uns in Deutschland würde das ja dann so laufen, dass man die Bestellung mit der Größe und Anzahl und vielleicht noch unter Angabe des Materials und der Farbe aufgeben würde, und nach einer gewissen Zeit würden die fertigen Stühlchen geliefert. Hier muss das Holz von Sai selbst besorgt werden und die Schreiner kommen ins Haus. Das bedeutet aber wiederum, dass sie gar keine Werkstatt mit den entsprechenden Maschinen haben … Stattdessen befestigen sie einfach ein schmales Brett an einem Baum als behelfsmäßige Werkbank und dann geht es schon los: bewaffnet mit nicht viel mehr als einer großen Säge, Holzleim, Hammer und Nägeln arbeiten sie mehr oder weniger auf dem Boden. Zuerst werden die breiten Bretter von Hand mit der Säge in der Mitte geteilt. Auf dem Boden hockend meißeln sie dann mit dem Stechbeitel Löcher in die Stuhlbeine, um dort die Querbretter festzuleimen. Zum Schluss wird noch alles genagelt. Das Resultat: wackelige Stühle aus sehr weichem Holz, grob zusammengezimmert, zum Teil mit herausstehenden Nägeln, die wahrscheinlich nicht allzu lange halten werden. Aber immerhin Stühle. Sonst gäbe es hier keine.

Nach der Arbeit im Kindergarten gehen wir zurück zum Onkel Deutz, ich setze mich auf unser Rad, um die 10 km zum nächsten Supermarkt zu radeln, denn unsere Vorräte neigen sich dem Ende entgegen. Wir haben beschlossen, dass ich nur das Nötigste besorge und wir den Onkel Deutz stehen lassen. Es reicht, wenn wir nächste Woche wieder einen Großeinkauf machen. Ich radle also durch die Schotterstraße ins Dorf, winke den Kindern zu, die mir heute ausnahmsweise nicht hinterherlaufen und komme schließlich zum Spar im Regierungsviertel von Lilongwe. Vor der Tür wollen mir einige „locals“ Obst verkaufen. Ich vertröste sie auf später.
Der Spar selbst ist zwar super aufgeräumt und ordentlich, wirkt aber merkwürdig leer. Wir haben uns schon seit Wochen innerlich darauf vorbereitet, dass spätestens ab Sambia nicht mehr alles in den Supermärkten zu bekommen sein wird. Tja, und jetzt scheint es tatsächlich so weit zu sein: es gibt kein Bier (zumindest keins in Dosen), keine Schokolade, keinen Käse, keinen Schinken, keinen Yoghurt und nur „Breadspread“, d.h. keine Butter. Vielleicht ist der Spar auch deshalb nicht gut sortiert, weil heute Feiertag ist. Aber im Shoprite letzte Woche sah es auch nicht viel besser aus. Auf jeden Fall ist es hier in Malawi deutlich schwieriger Dinge zu bekommen, die wir als „Westliche“ schätzen. Wir werden den Gürtel etwas enger schnallen müssen.
Stattdessen gibt es aber auch tolle Neuentdeckungen: Der „Salat“ (es handelt sich um „chinese cabbage“), den wir auf dem Markt in Lands End gekauft haben, entpuppt sich als sehr schmackhaft – wenn auch etwas zäh zu kauen. Ihn gibt es auch im Spar und ich kaufe ihn gleich nochmal für den heutigen Abend. Wir haben nämlich Sai und seine Familie zum Grillen eingeladen. Dazu finde ich noch tiefgefrorene Hühnerbrust (wie kann ich die noch schnell auftauen bis heute Abend?), ein Rindersteak und ein Schweinesteak. Naja, immerhin.
Mit prall gefülltem Rucksack – geschätzt mindestens 18 kg – verlasse ich den Spar, kaufe noch die versprochenen Mandarinen und Bananen bei den „locals“ und mache mich auf den Heimweg.

Gegen 17 Uhr kommen Sai, seine Frau und seine zweijährige Tochter. Silas hat Feuer gemacht. Es gibt Salat, Kartoffeln und Gegrilltes. Es wird ein schöner Abend. Sai ist sehr gebildet und es ist äußerst interessant, sich mit ihm zu unterhalten. Als Manager des Kindergartens plant er, diesen in den nächsten Jahren zu erweitern und zusätzlich eine Grundschule zu eröffnen. Dafür wird er noch weitere Spenden des Kumbali-Vereins benötigen. Wir schlagen ihm vor, Freiwillige („volunteers“) nicht hier in der Lodge, sondern lieber in seinem Dorf zu beherbergen. So könnte das Geld, das für die Übernachtung eingenommen wird, in den Kindergarten fließen bzw. einfach direkt bei den Menschen ankommen. Ihm gefällt diese Idee.
Und dann verrät er uns noch, dass er den „chinese cabbage“ noch nie in seinem Leben roh gegessen hat, sondern dass die Menschen ihn hier zum Kochen verwenden (mit Tomaten und Zwiebeln, ähnlich wie Spinat). Wir müssen alle lachen, aber ihm scheint es dann doch auch als Salat zu schmecken! Und ich probiere das neue Rezept gleich am nächsten Tag aus – zusammen mit Reis und Hackfleisch wird es sogar unser neues Lieblingsessen! Schmeckt einfach hervorragend!
Gegen halb neun verlassen uns Jochen und Silas, weil sie mit dem Taxi in eine Kneipe fahren, um dort das Länderspiel Deutschland – Frankreich anzuschauen. Wir Mädels bleiben hier und machen den Abwasch ….

Am Freitag ist wieder Kindergarten und wir falten mit der ersten Klasse (die 4- bis 5-Jährigen) Papierflieger. Es ist erstaunlich – oder auch nicht, denn woher sollen sie es können? – dass viele von den Kindern weder in der Lage sind, ein Papier in der Mitte zu falten noch ihren Namen auf den Flieger zu schreiben. Danach spielen wir mit ihnen „Mein rechter, rechter Platz ist leer“ auf Englisch. Das macht allen Spaß. Es war unsere Idee, den Vormittag so zu gestalten. Esther übersetzt für die Kinder alles auf Chichewa.
Nach der Pause wird der 3. Geburtstag eines Mädchens gefeiert. Alle Kinder und Eltern versammeln sich in einem der beiden Klassenzimmer. Wir haben es gemeinsam mit den Lehrerinnen festlich geschmückt. Die Kinder bekommen eine Art Popcorn und einen Softdrink. Es wird gesungen, geklatscht und getanzt (in der wohlbekannten Lautstärke). Das Geburtstagskind wird in allen möglichen Lagen fotografiert, die Eltern dürfen sich dann ein paar Fotos aussuchen, die Esther für sie in der Stadt ausdrucken lässt. Das ist eine ganz besondere Erinnerung für die Eltern, die sonst keine Fotos von ihren Kindern machen können.

Am Nachmittag sind wir ziemlich platt. Die Woche war anstrengend, wir haben viele neue Menschen kennengelernt und müssen eine wahnsinnige Menge an Eindrücken verarbeiten. „Ich brauche eine Pause“, stelle ich fest und verziehe mich mit meinem Buch ins Dachzelt. Den anderen geht es ähnlich. Mio hat zudem einen heftigen Schnupfen, der ihr ganz schön zu schaffen macht. Wir sind alle froh, dass wir für den restlichen Tag und auch für den Samstag nichts ausgemacht haben. Am Spätnachmittag radelt Silas ins Dorf und kauft etwas Milch (habe ich vergessen) und nochmals „chinese cabbage“ – wir sind inzwischen richtige Fans geworden.
Den Tag beschließen wir mit gemeinsamen DVD-Gucken am Laptop. Abschalten. Schön.

Am Samstag schlafen wir aus und beginnen den Tag mit einem ausführlichen Frühstück. Danach ist Schule angesagt, die in der vergangenen Woche doch etwas zu kurz gekommen ist. Die Kinder sind nicht gerade begeistert, haben aber ein Einsehen. Am Nachmittag gehe ich joggen, Jochen repariert und bastelt am Onkel Deutz, Silas radelt nochmals ins Dorf (wir brauchen wieder Salat …) und Mio und Juli malen bzw. spielen. Ich habe die Slackline aufgebaut und als ich nach dem Joggen etwas übe, kommt der ganze Security-Service von Madonna und versucht sein Glück. Sehr lustig!!
Da es heute ziemlich kühl ist, machen Silas, Juli und ich es uns im Onkel Deutz gemütlich bei einer Tasse Kaba bzw. Kaffee mit Keksen und spielen Mini-Rummy, während Jochen mit den Besitzern der Lodge, ein paar Angestellten und der „High Society“ von Lilongwe Volleyball spielt – auf dem logdeeigenen Volleyballfeld, versteht sich. Übrigens: dabei hält er auch einen kleinen Smalltalk mit Madonna, deren Jungs auf dem Feld nebenan Fußball spielen …

Morgen werden wir gemeinsam mit Esther und Hawa in die Kirche gehen und danach bei Hawa zuhause Maisbrei kochen. Es ist also wieder „action“ angesagt. Ja, und am Montag holen wir Gaby – Jochens Schwester – vom Flughafen ab. Wir sind alle schon ganz schön aufgeregt!