Am Freitag treffen wir die Familie Vosseberg aus Nordrhein-Westfalen. Wir haben via Internet von unseren Reisen erfahren, Vossebergs Reise hat erst angefangen, sie fahren südwärts, wir nordwärts. Wir sind an einem Supermarkt in Marsa Alam verabredet. Da ist zwar kein Supermarkt, wo laut Google Maps einer sein sollte, aber wir finden uns trotzdem – mitten auf einer Verkehrsinsel!

Sie müssen noch tanken, wir noch ein bisschen was einkaufen und dann geht es gemeinsam los in die Wüste nach Idfu. Etwas außerhalb von Marsa Alam parken wir neben der Straße und packen im Schatten unserer Trucks die Campingtische aus. Mittagessen – typisch deutsch mit Müsli und Milch.
Nun haben wir Zeit: Es gibt so viel Austausch- und Gesprächsbedarf, dass sich das Mittagessen in den Nachmittag hineinzieht. Auch die Kinder verstehen sich prächtig. Und im Schatten bei leichtem Wind kann man es hier sogar erstaunlich gut aushalten!
Irgendwann merkt Jochen an, dass wir vielleicht doch so langsam losfahren sollten, wenn wir noch irgendwie ein paar Kilometer in Richtung Idfu hinter uns bringen wöllten. Also, Tisch und Stühle rein, einige Kinder wollen das Auto tauschen und los geht´s!

Knapp 3 Stunden und 150 Kilometer später biegen wir in ein Wüstental ab. Einsamkeit und eine Vollmondnacht erwarten uns. Es gibt ein Nudelgericht für alle, eine Flasche Wein (aus Äthiopien) und viele Gespräche. Einfach schön!

Am nächsten Morgen stehen wir bei Sonnenaufgang auf und fahren nach einem gemeinsamen Frühstück zum Horustempel nach Idfu. Das soll der besterhaltene Tempel Ägyptens sein – aus der Zeit der Ptolemäer. Wir sind die einzigen Touristen und der Tempel ist wirklich beeindruckend: durch einen riesigen Pylon treten wir ein, mehrere Säulensäale folgen bis in das Innerste und Allerheiligste des Tempels. Hier stand einmal eine goldene Statue des Horus. Für die Kinder habe ich ein kleines Rätsel zum Tempel erstellt, das sie jetzt mit viel Elan lösen. Es macht Spaß ihnen dabei zuzusehen!
Und es ist einfach unglaublich, in diesem riesigen Gebäude die einzigen Touristen zu sein, wo zu besten Zeiten Hunderte hindurchdrängen.

Auf dem Weg zum Ausgang muss man einen kleinen Touristenbasar passieren, wo die Verkäufer verzweifelt ihre Waren anpreisen. Wir lassen uns erweichen, Jochen und Birgit kaufen etwas zu einem überteuerten Preis.

Mittags fahren wir weiter nach Luxor. Wir entscheiden uns nicht am Nil, sondern auf der einsameren Western Desert Road zu fahren und nehmen dafür einen Umweg von knapp 40 km in Kauf. Am Nachmittag erreichen wir das westliche Nilufer von Luxor (ehemals Theben). Dort gibt es das Camp Al Salam am Nilufer, das uns von zwei Engländern empfohlen wurde, die wir bei den Meroe Pyramiden im Sudan getroffen haben. Über kleinste Schotterstraßen kämpfen wir uns bis zur richtigen Adresse – aber die Überraschung kommt erst zum Schluss: Das Tor ist zu niedrig, der Garten scheint zu klein für die beiden großen Trucks. Der Besitzer Achmed aber ist ganz aus dem Häuschen: „You come! I need you! You can come in, it´s no problem! I promise you! I do everything for you!” Und schon fängt er an, seinen Gartenzaun niederzureißen, er rennt hin und her. Jochen lässt es auf einen Versuch ankommen – ich glaube, es hätte ihm das Herz gebrochen, wenn wir wieder umgedreht hätten.

Jochen schmeißt also den Motor an, schlägt so weit wie möglich das Lenkrad ein und fährt durch das Tor. Aber halt! Das Schild ist zu niedrig. Kurzerhand klettert Achmed auf seine Mauer und demoliert sein Schild, reißt es einfach ab. „It´s no problem, no problem!“ Also, Schild weg, weiter geht’s um die Ecke. Jetzt muss nur noch ein Betonpfosten aus dem Boden gerissen werden und schon sind wir drin! Rechts, links und vorn nur ein paar wenige Zentimeter, aber es geht.
Jetzt noch Familie Vosseberg mit ihrem Grüdi. Wie der Name schon sagt (Grüdi=Grüner Dicker) ist er noch etwas breiter als der Onkel. Aber auch er schafft es. Achmed ist happy! Wir sind es auch. Allerdings werden wir uns von hier die nächsten zwei Tage nicht mehr wegbewegen ….

Ganz beflissen kauft Achmed ein paar eisgekühlte Flaschen Wasser, dann besorgt er uns noch ägyptische Pfund gegen Euro auf dem Schwarzmarkt und kauft sogar Bier – alles für ein bisschen Bakschisch, versteht sich.
Am Abend sitzen wir unter dem Holzdach auf seiner Sitzecke und hören dem Muezzin zu, der direkt neben uns in den Lautsprecher singt. Die Kinder packen Schach, 11er-Raus und Mini-Rummy aus und sind glücklich.

Heute Morgen steht dann nochmal Kultur auf dem Programm: Tal der Könige und Tempel der Hatschepsut. Für uns 12 Personen hat Achmed ein großes Taxi bestellt. Zuerst fahren wir ins Tal der Könige. Wieder sind hier nur sehr wenige Touristen, vielleicht vier Reisebusse. Im Ticketpreis (10 Euro pro Erwachsener, 5 Euro pro Kind) sind drei Königsgräber enthalten, das Grab des Tutanchamun würde extra kosten.
Es ist schon relativ heiß, als wir uns zum hintersten Grab (Grab des Thutmosis III.) aufmachen. Zuerst geht es hinauf in die Felsen und dann tief hinunter ins Grab. Innen sind die Wände schön bemalt, die Farbe ist teilweise noch sehr kräftig und gut erhalten. Alle Schätze aus den Gräbern sind natürlich nicht mehr hier, sondern in verschiedenen Museen (Luxor, Kairo oder auch London). Trotzdem ist der Besuch sehr interessant. Wir haben uns keinen Führer genommen, sondern lesen uns gegenseitig den Reiseführer vor. So haben wir zumindest eine Ahnung, wo wir stehen. Wir lernen, dass die Bilder an den Wänden die 12 Stunden der Nacht darstellen, in denen der Pharao gemeinsam mit dem Sonnengott Re durch die Unterwelt fahren muss.

Als nächstes besuchen wir das Grab des Tausret und schließlich das Grab des Haremhab. Auch die beiden sind noch gut erhalten: Man kann sogar noch den Sarkophag aus Granit sehen, in dem die Mumie gefunden wurde.

Inzwischen ist es doch ziemlich heiß, unser Taxi hat auf uns gewartet und fährt uns nun noch zum Hatschpsut-Tempel. Dieser wirkt von fern gar nicht so alt, sondern eher wie ein großer moderner Betonbau. Ein imposanter Anblick! Auch der Ausblick ins Nildelta ist schön, nur getrübt von Smog bzw. Staub in der Luft.
Im Tempel selbst ist nicht allzu viel zu sehen, auch die Hitze setzt uns zu, so dass wir nur noch etwas lustlos hindurchschlendern und bald wieder ins kühle Taxi flüchten. Auf dem Rückweg zum Al Salam Camp kommen wir noch an den Memnos-Kolossen vorbei – beeindruckende Statuen. Zu viel mehr als zu einem Foto haben wir aber auch hier keine Lust.

Zurück im Camp genießen wir ein paar freie Stunden im Schatten und bei kühlen Getränken. Judith bäckt Pfannkuchen für alle.